94: Ins Theater gehen


Wieso?
Jap, richtig gelesen. Ich, die wahrscheinlich noch nie freiwillig einen Fuß in ein Theater gesetzt hat, habe diesen Punkt auf meine Liste gesetzt. Das liegt daran, dass ich einfach von alleine nie auf die Idee kommen würde, da mich die meisten Theaterstücke nicht so wirklich interessieren, dabei bin ich eigentlich ein Fan der Schauspielkunst, vor allem der "Live-Schauspielkunst". Das ist meiner Meinung nach eine ganz andere, wenn nicht sogar eine größere Kunst als das Filmschauspielern. Ich finde es klasse, wie Schauspieler manchmal spontan ihren Text ändern und auf die Situation und das Publikum reagieren und ich finde auch die Art der Inszenierung, das Bühnebild und so weiter oft total faszinierend. (Falls ihr euch wundert, woher ich weiß, dass mir das alles gefällt, wo ich doch so selten im Theater bin: Musicals ^^. Die sind ja im Grunde auch Theater.) Außerdem sind viele Theaterstücke einfach Klassiker, die man als Mensch mit etwas Allgemeinbildung gesehen haben sollte, und da ich aus demselben Grund auch Klassiker lese, musste ich natürlich auch mal einen Klassiker sehen.




Vorgeschichte
Da traf es sich gut, dass mir meine Großeltern vor vielen Monaten einen gemeinsamen Besuch im Theater geschenkt haben. Ich durfte mir das Stück aussuchen und nachdem ich die oben erwähnten Überlegungen angestellt hatte, wählte ich einen solchen Klassiker: "Was ihr wollt" von Shakespeare.
Irgendwie muss ich da masochistisch veranlagt gewesen sein, denn normalerweise komme ich weder mit Shakespeares Sprache noch mit der Handlung seiner Stücke wirklich klar. (Ich erinnere mich daran, die Verfilmung von "Viel Lärm um nichts" gesehen und eine halbe Stunde gebraucht zu haben, um zu verstehen, wer wer ist und worum es geht.) Trotzdem wählte ich eine shakeapearsche Komödie (Tragödien, wo am Ende alle tot sind, kann ich nicht ausstehen) und beschloss, sie zur Sicherheit vorher zu lesen, um auch ja später alles zu verstehen.

Erstaunlicherweise hat mir das Stück schon in Textform ganz gut gefallen (Rezension).
Für alle unter euch, die keine Ahnung haben, worum es geht (Ich hatte vorher auch keine ^^), hier einmal kurz der Inhalt:
Die Handlung setzt nach einem Schiffbruch an der Küste Illyriens ein. Eine junge Frau namens Viola hat das Unglück überlebt, trauert aber um ihren Bruder Sebastian, den sie tot glaubt. Sie hört, dass das Land von einem Herzog namens Orsion regiert wird und schleicht sich (warum auch immer) bei ihm ein, indem sie sich als Mann verkleidet. Sie soll nun für Orsino um die hübsche Gräfin Olivia werben, die sich aber ihrerseits für Viola in Männerkleidern interessiert, während Viola selbst sich in den Herzog verliebt. Als dann auch noch Sebastian auftaucht, der Viola zum Verwechseln ähnlich sieht, ist das Chaos perfekt.

Die Inszenierung (hier ist der Link, für alle, die es interessiert)
hat dann aber alle meine Erwartungen haushoch übertroffen. Ich weiß nicht wieso, aber ich hatte mit einem eher trockenen, reinen Nachspielen des Textes gerechnet, nicht mit so einer kreativen Umsetzung. Vielleicht gehe ich zu selten ins Theater und das ist da öfter so, vielleicht war Katharina Thalbach, die das ganze inszeniert hat, auch nur sehr kreativ.

Das wären einmal die Schauspieler, die wirklich große Klasse und perfekt ausgesucht waren.
Es fing schon damit an, dass der Herzog, der sich gleich mal zu Beginn des Stücks einen runterholt (Ja, mit vulgären Anspielungen wurde nicht gespart ^^), von einer Frau gespielt wurde, Viola dafür von einem Mann (Was ja noch Sinn macht, da sie und Sebastian ja vom gleichen Schauspieler gespielt werden müssen.) Das sah des Öfteren mehr als lustig aus.
Es war auch klasse, wie Sabin Tambrea (Viola/Sebastian) als Mann eine Frau gespielt hat, die sich als Mann verkleidet. Zwischendurch hat er dann mit hoher "Frauenstimme" sowas gekreischt wie "Hilfe, eine Qualle!", nur um dann gleich mit tiefer Stimme betont cool zu sagen: "Ach, ne Qualle? Na und?". Das war irgendwie lustiger, als es jetzt klingt ._.. Jedenfalls sah es echt witzig aus.
Super amüsiert haben wir uns auch über Mary, die stets mit bayrischem Akzent gesprochen und immer wieder gemeint hat, ihre Heimat wären die Berge, und über Malvolia, den Haushofmeister der Gräfin, dem im Stück ein übler Streich gespielt wurde, sodass er gegen Ende mit knallgelben Strümpfen mit gekreuzten schwarzen Strumpfbänern das Publikum zum Lachen gebracht hat. Dieser Anblick war Gold wert, ebenso wie die Szene, in der Sir Toby, Sir Andrew und einige andere in Pappritterrüstungen stecken und gegen Sebastian kämpfen. Da wurde man zurück ins Kindesalter versetzt, als man noch mit Pappschwertern gekämpft hat :D.
Mein persönlicher Liebling war ja Martin Seifert als Sir Andrew, auch wenn ich nicht erklären kann, warum. Das muss man einfach gesehen haben.
Ganz beeindruckend war auch Thomas Quasthoff als Narr. Was hat der Mann für eine Stimme! Genial. Ihm könnte ich einfach stundenlang zuhören.

Für die meisten Lacher hat allerdings die Musik gesorgt, denn die war wirklich erste Sahne.
Es wurde sehr viel gesungen, die Schauspieler konnten auch alle toll singen (bzw. haben absichtlich schief gesungen, wenn es zur Rolle passen sollte) und vor allem wurden wahnsinnig viele moderne Songs eingebaut, die zwar immer in die Situation gepasst haben, aber trotzdem in einem Shakespeare-Stück etwas fehl am Platz wirkten, was mich mehr als einmal zum Lachen gebracht hat.
Eingebaut wurden unter anderem "Dieser Weg wird kein leichter sein", "I Will Survive", "Don't Stop Me Now", "Nothing Compares 2 U", "All You Need Is Love" und - mein persönlicher Favorit - "Schüttel deinen Speck" von Peter Fox.
An der Reaktion des Publikums konnte man immer super merken, wer die Lieder kannte, denn der hat schon bei den ersten Takten angefangen zu lachen.


Fazit
Alles in allem war dieser Theaterbesuch ein Riesenerfolg und ich bin froh, den Punkt auf meiner Liste zu haben, und meinen Großeltern sehr dankbar für dieses Geschenk. Ich glaube, ich würde mir diese Inszenierung sogar noch ein zweites Mal ansehen (schon allein wegen des schnuckeligen Hauptdarstellers ;)), denn ich habe immer noch Halsschmerzen vor Lachen.


Wie sieht das bei euch aus? Geht ihr oft/gerne ins Theater? Habt ihr schon mal eine besonders originelle Inszenierung gesehen? Und was haltet ihr von Shakespeare?

4 Kommentare:

  1. Also ich war schon ein paar Mal im Theater. Und schon zwei Mal in Stücken nach Shakespeare. In Romeo und Julia und Much Ado About Nothing. Letzteres haben wir uns als Englisch-LK in London angesehen und waren alle nicht soooo begeistert, einfach weil wir kaum etwas verstanden haben, denn das Stück war auf Bollywood gemacht und die Schauspieler haben demnach auch mit indischem Akzent gesprochen. Da wir das Stück erst nach der Kursfahrt im Unterricht gelesen haben, war das nicht so der Brüller. Obwohl es eigentlich ganz gut gemacht war.
    Romeo und Julia... war mir persönlich zu modern. Die hatten ein sehr, sehr schlichtes Bühnenbild und insgesamt... naja. Waren auch kaum Leute da und die meisten sind wohl zwischendurch mal weggenickt. :D Bis dann die Selbstmordszene kam, in der geschossen wurde (da es ja modern sein sollte). Ist nicht so toll, wenn man so halb schläft und dann kommt auf einmal so ein "BÄM" und man ist auf einen Schlag hellwach.
    Anderes liegt schon weiter zurück und ich kann mich kaum noch dran erinnern. Zwischendurch war ich auch mal in Stücken, die unsere Theater-AG an der Schule präsentiert hat (unsere Theater-AG ist nicht zu verachten und die Literaturkurse auch nicht, da ist meine ehemalige Schule echt ganz gut drin).

    Aber ich würde schon mal gerne aus Eigeninitiative irgendwo hingehen. Dein Erlebnis klingt auf jeden Fall richtig gut und wenn ich nicht so weit von Berlin entfernt wäre, würde ich da mit Sicherheit drüber nachdenken. :) Schön, dass du da so eine positive Erfahrung machen konntest.

    Liebe Grüße,
    Marie

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    1. Das ist schade, denn "Much Ado About Nothing" ist eigentlich ein tolles Stück. Ich mag die Dialoge.
      Bei Fremdsprachen ist es aber immer auch empfehlenswert, sich die Stücke vorher durchzulesen. Wir waren mal mit Französisch in einem Stück von Molière und da hätte ich auch nichts verstanden, wenn ich es nicht vorher gelesen hätte.
      Auf Bollywood? Klingt etwas befremdlich für mich...

      Ich bin eh kein großer Fan der Geschichte von Romeo und Julia. Bei dem Stück muss ich jetzt immer an die Inszenierung denken, die die in "Fack Ju Göthe" gemacht haben, die war ja auch sehr modern :D.

      Tu das einfach mal, muss ja nicht in Berlin sein ;). Vielleicht lohnt es sich ja, wie bei mir.

      Liebe Grüße :)
      Charlie

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  2. Ich finde euer Projekt echt klasse! Wie seid ihr auf die Idee gekommen, bzw. wer?
    Liebe Grüße :)

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    1. Da bin ich überfragt :D. Ich hab mich der Sache nur angeschlossen. Ich glaube, wir sind drauf gekommen, weil ein paar Bloggerfreundinnen von uns das Projekt auch gemacht haben. Die Idee ist aber schon vier älter, es gibt extrem viele Blogs, die das machen.

      LG :)

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